EuGH: Der Ort der Besteuerung ist der Ort des tatsächlichen Verbrauchs

4. April 2019 | Lesedauer: 3 Min

EINFÜHRUNG

Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen betreffend die Eintrittsberechtigung für eine Veranstaltung gilt nach Art. 53 MwStSystRL der Ort, an dem die Veranstaltung stattfindet. Die Frage ist nur, welche Veranstaltungen hierunter fallen.

Der EuGH hat dies in seinem Urteil in der Rs. Srf konsulterna nun zu entscheiden, ob 5-tägige Lehrgänge für Buchhaltungs-, Management- und Lohnbuchhaltungsberater von dieser speziellen Ortsvorschrift umfasst sind oder unter die Grundregel des Art. 44 MwStSystRL / § 3a Abs. 2 UStG fallen und als dort erbracht gelten, wo der Leistungsempfänger ansässig ist.

Die Lehrgänge wurden nur Angehörigen der betreffenden Berufsgruppe angeboten, die in Schweden ansässig waren. Anmeldung, Zulassung und Bezahlung erfolgten vor Beginn des Lehrgangs. Einige Lehrgänge fanden in Schweden statt, manche in anderen EU-Mitgliedstaaten. Der schwedische Steuerrechtsausschuss kam zu dem Ergebnis, dass die dem Art. 53 MwStSystRL entsprechende schwedische Vorschrift nicht anwendbar sei. Der Begriff „Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen“ bezeichne das Recht, einen Ort zu betreten.

Aber diese Leistungen sind aber charakterisiert durch das Recht, an einem Unterricht teilzunehmen. Demzufolge wäre das Empfängerortsprinzip gem. Art. 44 MwStSystRL anwendbar.

BEURTEILUNG

Der EuGH hat drei wichtige Grundsätze wiederholt, die für die Entscheidung maßgeblich waren:
1. Die allgemeinen Vorschriften in den Art. 44 und 45 MwStSystRL (§ 3a Abs. 1 und 2 UStG) haben keinen Vorrang vor den besonderen Vorschriften zur Ortsbestimmung in den Art. 46 bis 59a MwStSystRL (§ 3a Abs. 3 – 8, § 3b, § 3e, § 3f UStG). Sie sind daher nicht eng auszulegen.

2. Das Ziel der Vorschriften zur Ortsbestimmung besteht darin, Doppel- und Nichtbesteuerung zu verhindern. Deshalb soll die Besteuerung möglichst dort erfolgen, wo die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.

3. Es liegt ein einheitlicher Umsatz vor, wenn mehrere Elemente oder Handlungen so eng verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

Darauf basierend kommt der EuGH zu dem Schluss, dass die Ortsbestimmung für die in Rede stehenden Leistungen nach Art. 53 MwStSystRL vorgenommen werden muss. Die Besteuerung hat dort zu erfolgen, wo die Leistungen tatsächlich erbracht werden, das heißt in den EU-Mitgliedstaaten, in denen die Lehrgänge stattfinden.

Insbesondere könne auch nicht der Auffassung des schwedischen Steuerrechtsausschusses gefolgt werden. Schließlich beinhalte die Eintrittsberechtigung sowohl die Möglichkeit, den Ort zu betreten, an dem die Lehrgänge abgehalten werden, als auch das Recht, am Unterricht teilzunehmen. Beides sei eng und untrennbar miteinander verbunden.

Das von Srf konsulterna vorgetragene Argument, dass sich der Verwaltungsaufwand durch die Besteuerung in verschiedenen Mitgliedstaaten erhöht, spielt dabei laut EuGH keine Rolle. Ebenso unbeachtlich sei, ob Anmeldung, Zulassung und Bezahlung wie im vorliegenden Fall vorab erfolgten.

SCHLUSSFOLGERUNG

Leider ist der EuGH nur auf einen Bruchteil der Argumente eingegangen, die die Generalanwältin (GA) in ihren Schlussanträgen beleuchtet hatte. Insbesondere aus deutscher Sicht wäre eine ausführlichere Urteilsbegründung wünschenswert gewesen.

Die schwedische Steuerverwaltung hatte z. B. vorgetragen, Art. 53 MwStSystRL sei nur dann anwendbar, wenn die Veranstaltung der Allgemeinheit offensteht und nicht nur einer bestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen angeboten wird. Man kann nur spekulieren, ob der EuGH das Argument der GA deshalb ignoriert hat, weil er den Umfang der Zugänglichkeit für grundsätzlich nicht relevant erachtet.

Interessant ist auch der Versuch der GA, die Begriffe Veranstaltung und Eintrittsberechtigung zu definieren. Diese Definitionen könnten in Grenzfällen als Interpretationshilfe herangezogen werden. Unter einer Veranstaltung versteht die GA eine Versammlung von Personen, die über einen gewissen Zeitraum an einer Tätigkeit teilnehmen oder diese beobachten (im Sinne einer körperlichen Anwesenheit). Als Eintrittsberechtigung definiert die GA das Recht auf Zugang (einer bestimmten Anzahl von Personen) zu den Räumlichkeiten, in denen eine Veranstaltung stattfindet.

Praktisch fiele demnach eine Veranstaltung unter Art. 53 MwStSystRL, sobald der Leistende die Anzahl der eintrittsberechtigten Personen kontrolliert und von den Steuerpflichtigen eine Gebühr für den Eintritt verlangt.

Wünschenswert wäre, dass die deutsche Finanzverwaltung die nachvollziehbare Argumentation der GA zum Anlass nehmen würde, die Ausführungen im UStAE in diesem Sinne nachzuschärfen und anzupassen.